Gestern Abend wurde ich beim Vorbeigehen zu einer äthiopischen Hochzeit eingeladen. Eine spannende und lustige Angelegenheit. Das Ritual schien eine sehr fest definierte Abfolge zu haben. Die Familien hatten zunächst ihre fest zugeordneten Plätze bis alle Stühle neu arrangiert wurden und zwei gegenüberliegende Reihen gebildet wurden. Auf der einen Seite die Familie des Bräutigams, auf der anderen die der Braut. Dann musste sich jeder kurz vorstellen und im Anschluss die Familienältesten einen Segen für das Brautpaar sprechen. Dann wurden genau zwei Lieder gespielt, bei denen alle miteinander tanzten und der Abend war dann um Punkt 10 vorbei. Natürlich gab es auch sehr leckeres Essen und ein komplettes Schaf wurde auf der Straße geschmort.

Heute morgen dann raus aus der Stadt und rein in die Natur. Mit dem Bus nach Tis Abay, dem Ort an den Blue Nile Wasserfällen. 75% des Wassers werden inzwischen aufgestaut und zum Betrieb eines Kraftwerks verwendet. Entsprechend wenig Wasser führen die Fälle. Plötzlich legte der Wasserfall aber ziemlich zu. Eine Turbine des Kraftwerks musste geschlossen worden sein.

Blue Nile Falls - Vorher
Blue Nile Falls - Nachher

Nichtsdestotrotz ist die Gegend landschaftlich sehr reizvoll. So bin ich den ganzen Tag geblieben und habe mich u.a. stundenlang mit dem Gründer der Blue Nile Campsite unterhalten, der einen traumhaft schönen Campingplatz direkt neben den Fällen betreibt.

Blue Nile Campsite
Blue Nile Campsites
Blue Nile Falls

Wie es scheint sind die Äthiopier total happy mit ihrem neuen Premierminister, der das Land gerade ziemlich nach vorne bringt, wie z.B. neulich auch in den deutschen Nachrichten zu vernehmen war, der Frieden mit Eritrea geschlossen wurde. Viele politische Häftlinge wurden entlassen und entschieden gegen die Korruption der vorherigen Machthaber vorgegangen. In Addis z.B. stehen gefühlt hunderte Bauruinen herum, die plötzlich niemandem mehr gehören und nicht mehr weiter gebaut werden. Der neue Premier hat veranlasst, dass die Eigentümer aller Baustellen und größeren Gebäude überprüft werden, wieviel Einkommen sie haben und woher das Geld für die Bauten kommt. Da die meisten Gebäude aus Korruptionsmitteln finanziert wurden, gehören sie plötzlich niemandem mehr. Es gibt sogar einzelne Hotels, die zwar weiter betrieben werden, aber keinen Eigentümer mehr haben.

Der Kerl hat sehr vernünftige Ansichten und will mit seinem Campingplatz auch der Gemeinde etwas wiedergeben. Sobald er von der Kommune ein Stück Land zugewiesen bekommt, will er in seinem Heimatdorf in der Nähe eine Schule bauen, damit die jüngeren Kinder einen weniger gefährlichen Schulweg über den Fluss haben.

Da ich fast zu spät zum Bus zurückging, hat er vorsorglich jemanden angerufen und veranlasst auf mich zu warten und nach mir Ausschau zu halten. Das war schon etwas peinlich, dass alle Fahrgäste erst einsteigen durften, nachdem ich, der Faranji, da war.